Hallo zusammen,

bitte entschuldigt vielmals, dass ich mich erst jetzt wieder zum Thema melde.
Die/der eine oder andere kennt das vielleicht ja, wie das so mit dem Aufschieben laufen kann:(

Jedenfalls gibt es - mittlerweile kurzfristig - was zu tun, um die Anträge voranzubringen, d.h. deren Erfolgsaussichten zu verbessern. Dazu möchte ich hierüber alle Interessierten herzlich einladen, um ggf. daran teilzuhaben. Es geht dabei hauptsächlich um die Änderung der Antragstexte, dessen Notwendigkeit ich im Anschluss gern erläutern werde.
Ich muss die Änderungen bis spätestens 23.06. im Büro der SVV (Stadtv.versammlung) einreichen und stehe bis dahin für persönliche Treffen die nächsten Abende zeitlich recht flexibel zur Verfügung. Also einerseits werde ich die geänderten Antragstexte die nächsten Tage rumschicken (denke bis nächsten Donnerstag) , und wir könnten uns dazu beim nächsten Freifunktreffen, am 22.07., abschließend austauschen. Andererseits können wir uns gern über folgenden Doodle-Link auch bereits vorher zur gemeinsamen Beratung verabreden:
http://www.doodle.com/k84dmq7bgac8vpd4

Zur Erläuterung der Notwendigkeit der Änderung möchte ich den bisherigen Verlauf, seit Antragseinbringung in den Geschäftsgang der SVV, ausführlicher darstellen:
(Ansonsten scrollt einfach ganz nach unten zum Fazit;)

Im Vorfeld hatten wir über ein Etherpad (welches ich mittlerweile gelöscht habe) und beim Freifunktreffen Antragsforderungen und Begründung besprochen. So wurden es ursprünglich zwei Anträge mit der gleichen Begründung, die ich der Stadtfraktion vorgestellt hatte und welche sie gern unterstützt und dafür auch eingebracht hat.
Da die gleiche Begründung für 2 Anträge formal nicht zulässig war, musste der Fraktionsgeschäftsführer, kurzfristig vor der Einbringung, eigenständig noch eine zweite Begründung für die Zurverfügungstellung von Internetzugangskapazitäten verfassen. (alle Texte siehe Links im Anschluss)

Am 18.04. wurden dann folgende zwei Anträge für die SVV-Sitzung am 02.05. von unserer Stadtfraktion eingebracht:
"Erlaubnisfreier WLAN-Router auf Gebäuden der Landeshauptstadt Potsdam"
-> http://egov.potsdam.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=19306&options=4
(urspr. sollte es "Erlaubnis freier..." statt "Erlaubnisfreier" heißen - war ein Missverständnis und muss nun auch geändert werden)
und "Zurverfügungstellung von Internetzugangskapazitäten der Landeshauptstadt Potsdam für freie WLAN-Datennetze"
-> http://egov.potsdam.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=19309&options=4

Am 25.04. hatte sich der IT-Sicherheitsbeauftragte der Stadt dazu gemeldet, um die Anträge aus Informationssicherheitssicht der Stadt zu prüfen. Er hatte sich von mir aber nur lediglich die Inhalte der Anträge bestätigen lassen, ob er das Anliegen auch richtig verstanden hatte, was auch so war. Danach kam von ihm nichts mehr.
Am 24.04. wiederum hatte mir unser Fraktionsgeschäftsführer einen Kommentar mit rechtlichen Bedenken (PDF siehe Anhang) von Hr. Wegewitz,
Rechtsanwalt und Stadtverordneter für die SPD, weitergeleitet, aus dem sich folgender E-Mail-Wechsel ergeben hatte (chronologisch):

------- Original-Nachricht --------
Betreff: 	Ihre rechtliche Bedenken gegen die Anträge 12/SVV/0296 und 12/SVV/0299
Datum: 	Wed, 25 Apr 2012 19:40:05 +0200
Von: 	Robert Wolff <robert.wolff@gruene-potsdam.de>
An: 	<info@wegewitz.net>
Kopie (CC): 	<gruene-stadtfraktion@rathaus.potsdam.de>


Sehr geehrter Herr Wegewitz,

vielen Dank für Ihre rechtliche Stellungnahme.

Da ich persönlich an den Entwürfen der Anträge beteiligt war,
möchte ich Ihnen auch persönlich kurz darauf antworten:

Zu Antrag 0296:

Richtiger Betreff lautet: "Erlaubnis freier WLAN-Router auf Gebäuden der LHP"
(Leider gab es da ein Missverständnis, dass allerdings erst mit einem
Änderungsantrag im ersten Ausschuss behoben werden kann.)

Inhaltlich geht es darum, dass die Stadt Bürgerinitiativen, die freie
WLAN-Netze aufbauen, wie z.B. der Freifunk Potsdam e.V., grundsätzlich
die Erlaubnis gewährt werden solle, deren WLAN-Router auch
auf den Dächern von Gebäuden in Verantwortung der LHP
installieren/montieren zu dürfen. Für montierte Router sollte die Stadt dann
auch einen Stromanschluss zur Verfügung stellen sowie die
Stromkosten für deren Betrieb übernehmen. Das dies alles nur in

Absprache mit der Stadtverwaltung geschehen soll und letztendlich
gemeinsam ausgewählte Gebäudeobjekte betreffen wird, ist hoffentlich
selbstverständlich.

Also hierbei geht es lediglich um die grundsätzliche Erlaubnis der

Montage, inkl. Übernahme von Stromnebenkosten. Die LHP wäre in dem Fall
nicht Betreiber oder Anschlussinhaber von offenen WLAN-Zugängen.

Zu Antrag 0299:

(Auch hier gab es leider ein Missverständnis vor der Einstellung in den
Geschäftsgang. Die Begründung wird mit einem Änderungsantrag im ersten
Ausschuss spezifiziert werden.)
Inhaltlich geht es hierbei lediglich um einen Prüfauftrag! Die LHP möge prüfen,
wie (und unter welchen Voraussetzungen) dessen Internetzugänge ggf. in
freie WLAN-Netze von entsprechenden Bürgerinitiativen eingespeist
werden könnten. Mit dem Ergebnis des Prüfauftrags könnte dann politisch
weitergearbeitet werden, ggf. auch auf den entsprechenden Ebenen.

Ich hoffe, dass wir auch im Finanzausschuss die Möglichkeit haben werden,
gemeinsam über die Anträge zu beraten.

Erlauben Sie mir, dass ich Ihre rechtliche Stellungnahme sowie ggf.
unsere E-Mail-Kommunikation an die Freifunk-Potsdam-Mailingliste weiterleite?
Ich würde gern das Antragsverfahren möglichst transparent und nachvollziehbar halten,
damit es eine entsprechende Teilhabe von allen Interessierten ermöglichen

könnte?

Mit freundlichen Grüßen

Robert Wolff


-------- Original-Nachricht --------
Betreff: Re: Ihre rechtliche Bedenken gegen die Anträge 12/SVV/0296 und 12/SVV/0299
Datum: Thu, 26 Apr 2012 11:28:44 +0200
Von: Kanzlei Dr. Wegewitz <info@wegewitz.net>
Antwort an: info@wegewitz.net
An: Robert Wolff <robert.wolff@gruene-potsdam.de>


Sehr geehrter Herr Wolff,

vielen Dank für die ergänzenden Informationen zu den Anträgen.

Wie man mal wieder sieht, sind Piraten überall zu finden. Die Augenklappe des Piraten bedeckt nur ein Auge - Justitia trägt eine Augenbinde, was aber allegorisch nur bedeutet, daß das Recht ohne Ansehen der Person gesprochen wird.

Ich versuche mal, zwischen beiden zu vermitteln. (Sie können meine Darstellungen und diese Kommunikation gerne auch an interessierte Dritte weiterleiten.)

"Freie WLAN-Router auf Gebäuden der Stadt": 

Die Stadt, auch die SVV unter Kontrolle der Kommunalaufsicht, ist selbstverständlich an Recht und Gesetz gebunden.

Als Beispiel für ein freies WLAN-Netz wird Freifunk angegeben. Laut Freifunk-WIKI wird so ein vom Internet unabhängig funktionierendes Netz erstellt.

Es funktioniert nach meinem Verständnis zwar theoretisch auch ohne Internet-Verbindung, schließt eine Verbindung aber praktisch wohl nicht aus.

Aber selbst ein lokales, vom Internet getrenntes Netz könnte zur Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials genutzt werden. Das Freifunk-WIKI selbst nennt als Beispiel die Übertragung von Text, Film und Musik zwischen den Teilnehmern.

Es kommt nicht einmal darauf an, daß der Teilnehmerkreis hier nicht abgeschlossen sein soll. Selbst wenn er abgeschlossen wäre, läge hierin eine nicht fernliegende Möglichkeit, daß wissentlich oder unwissentlich urheberrechtlich geschütztes Material einer wenn auch begrenzten Öffentlichkeit zugänglich gemacht würde. (http://wiki.freifunk.net/Freifunk_Firmware

Wenn die Stadt diese Möglichkeit kennt und dem nicht wirksam begegnet, sind wir wieder bei der Störerhaftung, nach der auch die Stadt als Zustandsstörer abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert werden kann.

Freifunk oder ein anderer WLAN-Netzbetreiber müßten der Stadt gegenüber versichern und nachweisen, daß Urheberrechtsverletzungen auch im geschlossenen WLAN-Netz ausgeschlossen werden können. Die Stadt würde sonst mit bedingtem Wissen durch die Zuverfügungstellung der Dächer (die Stromkosten hier als wohl dem Betrag nach zu vernachlässigende Größe, aber in Hinblick auf die Rechtfertigung der Zahlung aus öffentlichen Geldern auch problematisch mal ganz außen vor gelassen) sich mittelbar an der Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials beteiligen.

Einzige Möglichkeit einer Sicherung nach derzeitiger Rechtslage wäre die deep-packet-inspection aller eingehenden und ausgehenden Datenpakete in Echtzeit, die jedoch weder bezahlbar ist (Hochleistungsrechner), noch von den Nutzern aufgrund der auf Modem-Niveau sinkenden Verbindungsgeschwindigkeit akzeptiert würde. Gar nicht zu sprechen von den Datenschutzproblemen für die Betreiber und die Grundrechtsbetroffenheit der Nutzer (informationelle Selbstbestimmung, Schutz der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme).

Beim Prüfauftrag liegen die Dinge wegen der Bezugnahme der Verknüpfung des Internetzuganges der Stadt mit den freien WLAN-Netzen leider ähnlich.

Die Stadt regelt bislang ihren Internetzugang auch für Stadtverordnete derart restriktiv, daß eine Verknüpfung mit den freien Netzen wie dem Freifunk keine Aussicht auf ein positives Prüfungsergebnis hat. Die Stadtverordneten erhalten einen Zugang nur auf schriftlichen Antrag nebst zu unterzeichnender Belehrung über die Haftungsregelung und die Protokollierung des nutzerbezogenen Internetverkehrs und sodann zwei hintereinandergeschaltete Logins (für WLAN der Stadt und dann fürs Internet) nebst Paßwörtern, welche von der Stadt vorgegeben werden und von der Stadt jährlich geändert werden.

Justitia hat neben der Augenbinde auch ein Schwert, was allegorisch auf das Gewaltmonopol des Staates verweist. Die Piraten sollten aber auf die Nutzung von Hieb- und Stichwaffen verzichten und politisch versuchen, die gegenwärtige Rechtslage zu beeinflussen.

In meinem letzten Schreiben habe ich auf die Initiative Berlins für ein gesetzliche Neuregelung der Störerhaftung verwiesen. Man darf auch nicht außer Acht lassen, daß die gegenwärtige Rechtslage das Richterrecht von Richtern ist, die ohne Internet aufgewachsen sind.

Mal schauen, was die Zukunft bringt. Derzeit sind beide Anträge aber leider höchst problematisch.

Herzl. Grüße

H. Wegewitz


Fazit:
Es geht also um das Haftungsrisiko der Stadt, selbst wenn diese auch nur ihre Dächer zur Verfügung stellen sollte.
Dazu habe ich ein paar weitere Stellungnahmen von rechtlichen ExpertInnen unserer Bundesarbeitsgemeinschaft Medien und Netzpolitik eingeholt, auf deren Grundlage ich nun die Antragstexte so anpassen möchte, um eine Zustimmung der Antragsziele im Stadt-Plenum zu erleichtern.

Auf der SVV am 02.05. wurden die Anträge in den KOUL-Ausschuss (Klima, Ordnung, Umweltschutz und ländliche Entwicklung) zur Vorberatung verwiesen. Seitdem wurden sie zurückgestellt, um mit den geänderten Entwürfen, nach der Sommerpause, d.h. nun am 09.08., vorgestellt zu werden.
Dort könnten sie dann ggf. weiter modifiziert, beschlossen sowie entschieden werden, ob sie ggf. noch in andere Ausschüsse überwiesen werden sollten, bevor darüber endgültig in einer des nächsten SVVen abgestimmt würde.

Auch darüber könnten wir uns gern austauschen, welche Ausschüsse sich noch anbieten würden, unser Anliegen voranzubringen. Zudem könnten wir bis zum 06.08. auch eine 5min-Rederecht zur Einbringung im KOUL beantragen, für jemanden, die/der sich insbesondere zur Überzeugung der AusschussvertreterInnen eignen würde.

So viel erst einmal zum aktuellen Stand der Anträge. Ich würde mich freuen, wenn wir uns zumindest spätestens nächsten Sonntag dazu beim regulären Freifunktreffen im KuZe besprechen könnten.

Viele Grüße

Robert

PS: Von einem bündnisgrünen Teilnehmer am Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) habe ich übrigens erfahren, dass auf der Juni-Sitzung freies WLAN (im öffentlichen Raum) Thema war. Die mabb will/soll wohl 2 Projekte in Berlin und Potsdam fördern wollen - ein kommerzielles, mit Kabel Deutschland (in der Potsdamer Innenstadt wohl ab diesen Sommer?), und für das zweite Projekt soll die Freifunk-Community angesprochen werden. Insgesamt sollen dafür wohl 300.000 EUR zur Verfügung stehen.
Hat sich zufällig schon jemand bei Freifunk Potsdam e.V. diesbezüglich gemeldet? (Oder passiert das vielleicht alles nur in Berlin?)